Rück- und Ausblick mit dem Walliser Volkswirtschaftsdirektor
Cina: «Kein Doppelmandat bei allfälliger Ständeratskandidatur»
Jean-Michel Cina (CVP, 50) schaut im Interview mit 1815.ch auf ein bewegtes Jahr zurück und sagt, dass das Wallis 2013 im wahrsten Sinne des Wortes «Boden» verloren hat.
1815.ch: Jean-Michel Cina, Zweitwohnungsinititative und Raumplanung: Das Jahr 2013 war turbulent – wie haben Sie dieses Jahr erlebt?
Jean-Michel Cina: «Das Jahr war spannend und arbeitsintensiv. Im März standen die Wahlen an und gleichzeitig haben wir im Departement mit Volldampf weitergearbeitet. Da stand der Aufbau von Valais/Wallis Promotion auf der Agenda. Heute haben wir einen dynamischen Direktor und eine neue Präsidentin, welche diese einmalige, branchenüberbergreifende Vermarktungsorganisation erfolgreich in die Zukunft führen werden. Gleichzeitig haben wir wesentliche Vorlagen vorbereitet und dem Walliser Grossen Rat unterbreitet, namentlich die Botschaften und Beschlüsse zum Campus Valais Wallis, zu Valais/Wallis 2015, zur Revision des Tourismusgesetzes und des Raumplanungsgesetzes. Das war ein grosses Stück Arbeit für uns. Wir kommen voran.»
Welche Bilanz ziehen Sie für die Walliser Bevölkerung? Hat das Wallis in diesem Abstimmungsjahr an Boden verloren?
«Wenn man das Abstimmungsresultat zur Revision des Raumplanungsgesetzes betrachtet, muss man davon ausgehen, dass das Wallis im wahrsten Sinne des Wortes 'Boden' verloren hat. Wir sind mit Forderungen aus Bundesbern konfrontiert, überdimensionierte Bauzonen zu reduzieren. Zurzeit wehren wir uns mit allen anderen Kantonen gegen die geplante Ausführungsverordnung, welche zur Umsetzung des Gesetzes vorgeschlagen wird. Der Bund muss die Kompetenz der Kantone im Bereich der Raumplanung respektieren und uns genügend Handlungsspielraum für kantonsspezifische Lösungen offen lassen. Die Erarbeitung dieser Lösungen für den Kanton Wallis wird uns im Rahmen der Richtplanrevision im nächsten Jahr intensiv beschäftigen.»
Werden die Anliegen der Walliser in Bern überhaupt noch wahrgenommen?
«Manchmal zweifle ich. Unabhängig davon liegt es aber an uns, unser eigenes Schicksal selbst in die Hände zu nehmen, unsere Hausaufgaben zu erfüllen und weiter zu kämpfen, für unsere Interessen.»
Was wollen Sie 2014 für die Walliser Bevölkerung konkret erreichen?
«Im Jahre 2014 stehen weitere wesentliche Reformen an, diese will ich mit Begeisterung und Hartnäckigkeit zum Wohle der Bevölkerung angehen. Es handelt sich dabei um die anvisierten, zweiten Lesungen des teilrevidierten Tourismusgesetzes und Raumplanungsgesetzes, das vom Grossen Rat zu genehmigende Raumentwicklungskonzept sowie die Regelung für die zukünftigen Heimfälle der Wasserkraft. Gleichzeitig gehe ich in mein drittes Präsidialjahr, welches ich unter das Motto 'Annäherung des Wallis an die Schweiz – Annäherung der Schweiz an das Wallis' stellen möchte.»
Nach wie vor ist die Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative im Wallis sehr umstritten. Wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung ein?
«Wo sehen Sie die Knacknüsse? Das grösste Problem haben wir derzeit mit der fehlenden Rechtssicherheit. Die Initiative wurde zwar angenommen, aber es fehlt ein Ausführungsgesetz. Es bestehen deshalb ungelöste Fragestellungen. Das Ziel muss es jetzt sein, so rasch als möglich, gesetzlich festzulegen, was eine Zweitwohnung ist, wie vermietete Zweitwohnungen zu behandeln sind und welche Zweitwohnungen auch in Zukunft noch gebaut werden können.»
Als Auswirkung der Lex Weber sind in erster Linie Arbeitsplätze in der Baubranche, vor allem wohl auch zahlreicher Fremdarbeiter, bedroht? Was für Prognosen stellen Sie der Walliser Bauwirtschaft?
«Durch das fehlende Ausführungsgesetz ist es sehr schwierig, Prognosen abzugeben. Dennoch ist es offensichtlich, dass der gesamte Alpenbogen - und im Speziellen unser Kanton - negative Auswirkungen zu spüren bekommen wird und dass eine entsprechende Strukturanpassung nötig sein wird. Mein Departement und ich sind mit Hochtouren daran, die Ausgestaltung des Ausführungsgesetzes dahingehend zu beeinflussen, damit sich diese so optimal wie möglich für unsere Wirtschaft abzeichnen wird.»
Die Übernachtungen in Walliser Hotels stagnieren oder sind teils rückläufig, im Gegensatz zu anderen Regionen der Schweiz. Was läuft da falsch?
«Das Wallis ist die einzige Tourismusregion mit einem negativen Wachstum für den Monat August im Vorjahresvergleich. Das Ergebnis muss relativiert werden, weil im Vorjahr die Raiffeisen-Aktion zu einem ausserordentlichen Wachstum beigetragen hat (+30'000 Logiernächte im August 2012). Diese Zahlen können aber trotzdem nicht zufrieden stellen und zeigen die Notwendigkeit auf, dass sich das Wallis wesentlichen Veränderungen stellen muss. Bereiche mit wichtigem Verbesserungspotenzial sind die Kommunikation und die integrierte Angebotsgestaltung. Hier muss sich das Wallis in Zukunft professioneller und mit klaren Botschaften positionieren.»
Walliser Tourismus-Destinationen erhalten durch den Kanton zunehmend grosse Freiräume bei der Finanzbeschaffung für Investitionen auf Gemeindeebene. Kurtaxen und Zweitwohnungsabgaben sind derzeit in aller Munde. Besteht nicht die Gefahr eines kantonalen Gebühren-Flickenteppichs?
«Das ist keine Gefahr. Wir haben auch in den anderen Bereichen kommunal unterschiedliche Gebührenordnungen. Die neue Regelung hätte den Vorteil, dass die Gemeinden aufgrund ihrer unterschiedlichen touristischen Ausrichtung speziell auf ihre Situation angepasste Finanzierungsinstrumente wählen können.»
Seit sechs Monaten regiert der Walliser Staatsrat mit Oskar Freysinger erstmals mit einem SVP-Mitglied. Harmoniert die Regierung in der neuen Konstellation?
«Ja. Es wichtig, dass eine Regierung zu wesentlichen Fragen, welche den Kanton Wallis betreffen, mit einer Stimme spricht und geschlossen auftritt.»
Die Freisinnigen werden ihren Sitz in vier Jahren zurückerobern wollen, wird die CVP ihre drei Sitze halten können?
«Ich lese nicht gerne im Kaffeesatz. Eines ist aber gewiss: Die CVP wird mit ihren Staatsräten und mit guter politischen Arbeit versuchen, wiederum das Vertrauen der Walliser Bevölkerung zu gewinnen.»
Christophe Darbellay hat den Wahlkampf um den Einzug in den Walliser Staatsrat frühzeitig eröffnet, indem er andeutete, Sie würden eine Ständeratskandidatur 2015 in Erwägung ziehen?
«Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem Wunsch von Christophe Darbellay, für den Staatsrat kandidieren zu wollen, und einer allfälligen Ständeratskandidatur 2015 meinerseits.»
Würden Sie als Staatsrat bei einer Wahl in den Ständerat aus der Regierung zurücktreten oder wäre für Sie allenfalls ein Doppelmandat Staatsrat/Ständerat 2015/17, wie das derzeit Oskar Freysinger im Nationalrat ausübt, denkbar?
«Ich würde klar auf ein Doppelmandat Staatsrat/Ständerat verzichten, so wie ich dies im Übrigen auch als Nationalrat/Staatsrat gemacht habe.»
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