Hochtourensaison | Überdurchschnittlich viele Gletscherspalten-Unglücke im Hochgebirge
Zermatter Rettungschef warnt: «Schneebrücken sind extrem dünn»

Gletscherspalten stellen für Wintersportler eine grosse Gefahr dar.
Foto: Keystone
Am Sonntag kam es in Zermatt erneut zu Gletscherspalten-Unglücken mit Todesfolgen. Anjan Truffer, Chef der Zermatter Bergrettung, warnt vor den Tücken auf den Gletschern.
Die Bergretter verzeichnen derzeit überdurchschnittlich viele Gletscherspalten-Unfälle im Vergleich zu den Vorjahren. «Zurückzuführen ist das auf die schneearme Zeit bis in den Januar dieses Winters. Die Schneebrücken über den Gletscherspalten sind deshalb extrem dünn», sagt Anjan Truffer, Chef der Bergrettung Zermatt, gegenüber 1815.ch.
Trügerischer Eindruck
Aufgrund des schlechten Schneedeckenaufbaus halten aber auch Brücken mit einer beträchtliche Dicke oftmals nicht. «Viele Einsätze der Bergrettung Zermatt betrafen Spaltenunglücke, bei denen Brücken von einer Dicke zwischen 80 Zentimeter bis zu 1,2 Meter einbrachen, weil der körnige Kristallschnee schlecht mit dem Altschnee verbunden ist.» Die Schneefälle der letzten Zeit hätten diese Gefahrenstellen überdeckt, «was für Tourengänger optisch sehr gut aussieht. Dieser Eindruck aber ist trügerisch».
Gehäuft passieren die Unfälle dort, wo sich Tourengänger ausserhalb der Normalrouten aufhalten. «Kommt hinzu, dass ausschliesslich Gruppen ohne Bergführer und Einzelgänger in Gletscherspalten stürzten. Zum grossen Teil querten die Gruppen unangeseilt die Gletscher, was das Risiko, im freien Fall in eine Spalte zu stürzen, zusätzlich erhöht.»
Skisportler missachten Warnhinweise
In Zermatt kam es aber auch am Rande der Skipisten zu Spalten-Unfällen. Im Skigebiet Klein Matterhorn führen einige Skipisten nahe an Gletscherspalten vorbei. Auf die Gefahr wird bereits an der Bergstation mit Plakaten und Warnblinkern hingewiesen. Gleichzeitig sind die gefährlichen Pistenabschnitte mit Seilen abgesperrt.
«Dennoch verlassen Skifahrer und Snowboarder die Piste. Hier kam es allein in der letzten Woche zu sechs Einsätzen wegen Spaltenunfällen.» Die Wintersportler ignorierten die Warnungen einfach und folgten oftmals Spuren, die im Pulverschnee ausserhalb der Markierungen vorgelegt seien. «Wir haben bereits den Fall erlebt, dass ein Skifahrer praktisch an der selben Stelle in eine Spalte fiel, wo wir kurz zuvor bereits einen Einsatz hatten.»
zen
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