Asylwesen
Waeber-Kalbermatten: «Da sehe ich eine Diskriminierung»
Der Nationalrat hat in dieser Woche in einer Sondersession zum Thema: «Schengen/Dublin-Realität: Freie Fahrt für Kriminelle und Asylmissbrauch» getagt. 1815.ch hat mit Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten über «bedenkliche» DNA-Test bei «bestimmten» Asylbewerbenden und das Asylwesen im Wallis gesprochen.
1815.ch: Esther Waeber-Kalbermatten, unter anderem wurde diese Woche eine Motion angenommen, welche die Bekämpfung der Kriminalität mittels DNA-Test für bestimmte Asylbewerbende verlangt. Was sagen Sie als Vorsteherin des Departements für Sicherheit, Sozialwesen und Integration (DSSI) zu diesem Vorgehen?
Esther Waeber-Kalbermatten: In der Schweiz wird das Asylrecht durch das Asylgesetz (AsylG) und den diesem beigefügten Verordnungen geregelt. Grundlage ist die Bundesverfassung. Die Kantone haben die gesetzlichen Vorgaben und Bestimmungen auszuführen. Die Idee der DNA-Tests für Asylbewerbende ist nicht neu und solche sind in einzelnen Ländern wie z.B. in England bereits Tatsache.
Mit der Annahme der Motion von Christophe Darbellay für «DNA-Tests für bestimmte Asylbewerbende» im Nationalrat wurde eine neue Richtung angepeilt. Es gilt nun abzuwarten, wie sich der Ständerat entscheidet. Wenn beide Kammern die Motion annehmen, ist es am Bund, die Grundlagen für deren Umsetzung vorzubereiten.
Der Bundesrat hielt im Vorfeld der Debatte nichts von dieser Idee. Auch die Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren sprachen sich dagegen aus – eine Ablehnung, die man begründen kann?
Bedenklich finde ich, dass der DNA-Test systematisch und explizit nur bei bestimmten Asylbewerbenden, also Asylsuchenden aus einzelnen Ländern oder Regionen, durchgeführt werden sollen. Da sehe ich eine Diskriminierung. Gemäss der Schweizerischen Strafprozessordnung darf Erbgut nur dann untersucht und registriert werden, wenn die betroffene Person zustimmt oder das Gesetz es vorschreibt.
Die Polizei kann bereits heute in bestimmten Fällen DNA-Proben entnehmen. Die DNA-Profildatenbank CODIS wurde am 1. Januar 2005 in Betrieb genommen und gleichzeitig trat das vom Eidgenössischen Parlament angenommene DNA-Profil-Gesetz in Kraft. Die Schweiz hat also bereits die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, weshalb sich Bundesrat und Justiz- und Polizeidirektoren gegen die Motion aussprachen.
Hat sich die Problematik im Asylwesen im Kanton Wallis zusehends verschärft oder wird dieses Thema allzu gerne von den Medien hochgeschaukelt?
Der Bund hat bereits vor mehr als einem Jahr erkannt, dass Asyl-Anträge aus wirtschaftlichen Gründen zugenommen haben und das die Verfahren zu lange dauern. Inzwischen konnten mit den verkürzten Verfahren bereits gute Ergebnisse erzielt werden.
Zusätzlich hat der Nationalrat in der Sonderdebatte verschiedene Vorstösse angenommen, welche dem Bund neue Auflagen und den Kantonen Erleichterungen bringen und neue Möglichkeiten eröffnen würden. Beispielsweise mit den Motionen: «Keine Asylsuchenden aus Safe-Countries auf die Kantone verteilen»; «Wohlstandflüchtlinge direkt ins Heimatland abweisen», «Aufstockung des Grenzwachtkorps»; «Mehr grenzüberschreitende Zusammenarbeit»; sowie «Für eine richtige Grenzpolizei und bessere Koordination mit den Kantonen».
Hier gilt es nun ebenfalls abzuwarten, ob der Ständerat in dieselbe Richtung geht.
Befürchten Sie eine negative Stimmungsmache gegen Asylbewerber oder verstehen Sie die Sorgen und Ängste der Bevölkerung?
Schweizweit ist die Kriminalität angestiegen und je nach Vergehen sind es zwischen 7 und 16,5 Prozent aller Delikte, die von jungen Asylbewerbenden begangen werden. Es ist jedoch aus meiner Sicht fatal, alle Missstände auf die Asylsuchenden abwälzen zu wollen.
Es gibt aber nach wie vor Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, weil sie verfolgt und an Leib und Leben bedroht werden. Und diese Menschen haben ein Recht auf Asyl in unserem Land. Für gewisse Ängste in der Bevölkerung habe ich Verständnis. Aus meiner Sicht ist es wichtig und richtig, wenn die Medien Missbrauch und Missstände im Asylwesen aufzeigen und darüber berichten.
Im Gegenzug wäre es aber auch wichtig, wenn die Medien ebenso prominent über die Schicksale jener Menschen berichten würden, die verfolgt wurden und jetzt in unserem Land integriert sind und eine neue Heimat gefunden haben. Hier sollten die Medien eine gewisse Verantwortung übernehmen.
Gibt es eine «Top 3» der Länder, deren Bewohner im Wallis um Asyl bitten?
Zurzeit sind 1894 Asylbewerbende in unserem Kanton gemeldet. Von allen in der Schweiz im Monat März eingetroffenen Asylsuchenden stammen derzeit am meisten aus Nigeria, gefolgt von Tunesien sowie zu gleichen Teilen von Eritrea und Syrien.
Bundeszentren für Asylbewerber sorgen immer und immer wieder für Diskussionen...
Der Bundesrat hat seit ein paar Monaten die Kompetenz, solche Zentren zu planen und zu eröffnen, ohne die Kantone oder Gemeinden im Vorfeld zu informieren.
Die Asylgesetz-Revision, die im Juni zur Abstimmung kommt, ist gemäss Bundesrätin Simonetta Sommaruga eine wichtige Etappe in einer längeren Asylreform. Stimmen Sie dieser Aussage zu?
Die Revision enthält wichtige Änderungen, denen ich zustimmen kann, hingegen die Streichung der Gesuchstellung bei den Botschaften wird dazu führen, dass vermehrt illegale Migration über Schlepper-Organisationen stattfinden wird.
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar