Vor dem Wahlwochenende | Zermatt

Strasse Täsch-Zermatt: Wegweisende Abstimmung

Die Strasse von Täsch nach Zermatt. (Im Bild: Die Anfahrt in Täsch).
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Die Strasse von Täsch nach Zermatt. (Im Bild: Die Anfahrt in Täsch).
Foto: RZ-Archiv

Quelle: RZ 1

Die Strasse Täsch –Zermatt soll wintersicherer werden. Das will die Zermatter Urversammlung. Für die baldige Abstimmung empfiehlt der Gemeinderat trotzdem ein Nein.

Die Strasse von Täsch nach Zermatt ist ein politischer Dauerbrenner. Bereits 1986 und 2005 haben sich die Zermatter, im Zusammenhang mit der Öffnung, deutlich für eine wintersichere Strasse ausgesprochen. Ebenso am vergangenen 8. März anlässlich einer vorberatenden Urversammlung. Dort erhielt das Begehren der «IG Sichere Zufahrt Zermatt» breite Zustimmung. Die Strasse hat eine grosse wirtschaftliche Bedeutung für die Region, wie ein Vergleich mit der internationalen Transitroute am Grossen Sankt Bernhard zeigt. Letztere befuhren 2014 gemäss Jahresbericht 662 000 Fahrzeuge, während die Strasse Täsch – Zermatt laut einer von der Gemeinde Zermatt 2013 in Auftrag gegebenen Verkehrserhebung jährlich rund 700 000 Fahrzeuge benutzen. Beide Abschnitte sind gebührenpflichtig. Für den Grossen Sankt Bernhard wird eine Maut erhoben, für Täsch – Zermatt eine «Gebühr für das Ausstellen der jährlichen Fahrbewilligung.» So wurden am Sankt Bernhard laut eigenen Angaben 2014 insgesamt 8,4 Millionen Franken an Gebühren eingenommen. Für Täsch – Zermatt wurden 2015 nach Auskunft der zuständigen Dienststelle rund 10 400 Bewilligungen an Autos und Schwerverkehr ausgestellt. So entrichteten die Benutzer im selben Jahr insgesamt 630 000 Franken an Gebühren.

Klare Forderung der IG

Wie die Tunnelverwaltung erklärt, werden die Einnahmen am Grossen Sankt Bernhard nebst den Aufwänden für den Betrieb grossmehrheitlich direkt in Sicherheitsbereiche reinvestiert oder aber für spätere Projekte zurückgestellt. Die Gebühren der Strasse Täsch – Zermatt hingegen fliessen nach Auskunft der zuständigen Dienststelle in die Staatskasse. Und genau das ist der IG unter anderem ein Dorn im Auge. Gleichzeitig will sie eine bessere Wintersicherheit erwirken. Wie nun aus der Infoschrift der Gemeinde Zermatt zur Abstimmung vom 5. Juni zu entnehmen ist, fordert die IG dafür unter anderem für die beiden Lawinenzüge «Lüegelti» sowie «Schusslowina», welche sich talabwärts kurz ausserhalb Zermatts auf der linken Talseite befinden, je eine Galerie. Bis anhin werden die Lawinen dort jeweils durch Sprengungen per Helikopter ausgelöst. Dies kann jedoch nur bei Flugwetter durchgeführt werden. Das wiederum wirkt sich häufig auf längere Sperrzeiten der Strasse aus. Im Winter 2013/2014 während insgesamt 240 Stunden. (Die RZ berichtete.) Der Zermatter Gemeinderat hält in der Infoschrift dagegen, dass der Kanton in den letzten zehn Jahren 15,5 Millionen Franken in den Ersatz der baufälligen «Bielbrücke», in den Hochwasserschutz «Lüegelti», in Radarwarnanlagen sowie in den ordentlichen Unterhalt investiert habe. Weitere sieben Millionen seien für künftige Instandsetzungen vorgesehen. Zudem würden Kantonsgelder für Strassen künftig gekürzt und nur noch Projekte zur «Abwendung von lebensbedrohlichen Situationen» ausgeführt. Weiter: «Die Zermatter Forderungen würden unweigerlich zu Spannungen mit dem Kanton und damit zu künftigen Nachteilen für die Gemeinde führen. Jedoch ist die Wichtigkeit einer besseren Wintersicherheit unbestritten. Dafür soll jedoch der ‹friedliche› Interventionsspielraum weitergeführt werden.» Aus diesen und weiteren Gründen empfehle der Gemeinderat daher ein Nein.

Galerien bieten besten Schutz

Nichtsdestotrotz würden die von der IG gefordeten Galerien die Winter­sicherheit auf der Strecke erhöhen, besagt eine Studie, welche die Gemeinde Zermatt 2012 in Auftrag gegeben und die RZ vor einiger Zeit exklusiv veröffentlichte. Deren Autor sagte im damaligen Artikel: «Basierend auf unserer Nutzen-Kosten-Rechnung tendieren wir hier zu Galerien, weil damit diese gefährlichen Abschnitte am besten gesichert werden können.» Und was sieht das Gesetz vor? «Die öffentlichen Verkehrswege sind entsprechend den technischen und wirtschaftlichen Anforderungen des Verkehrs sowie gemäss ihrer Klassierung zu erstellen und auszubauen», heisst es unter Artikel 25 des kantonalen Strassengesetzes. Weiter: «Beim Bau von Verkehrswegen sind die anerkannten Grundsätze wie der Schutz des Menschen sowie der Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen.»

Politischer Vorstoss

Erkannt wurde die Problematik mittlerweile auch im Grossen Rat. Dort hinterlegte die SVP im März eine Motion, in welcher auf die mangelnde Wintersicherheit aufmerksam gemacht wird: «Die Gebühr und der Zustand der Strasse stehen in keinem Verhältnis. Die Gebühren sind ausschliesslich für die Sicherung des Abschnitts aufzuwenden.» Die Motion wurde noch nicht behandelt. Ein weiterer Punkt: 2013 definierte eine Zermatter Strategiegruppe Punkte, um die Wettbewerbsfähigkeit des Ortes zu steigern. Beim Thema Verkehr ist zu lesen: «Gesamtheitliches Verkehrskonzept für eine sichere Anreise via Schiene, Stras­se und Luft». Hinzu kommen Stimmen von besorgten Zermattern, welche sich zunehmend bei der RZ-Redaktion melden: Wie bewältigt Zermatt in der Hochsaison mit 25 000 Menschen im Ort, ein Grossereignis wie einen Grossbrand mit mehreren Schwerverletzten, bei gleichzeitig geschlossener Strasse und ohne Flugwetter? «Für den Zustand und die Sicherung der Strasse Täsch – Zermatt ist das Departement von Staatsrat Melly verantwortlich», antwortet Sicherheitsminister Oskar Freysinger. Staatsrat Melly seinerseits liess eine entsprechende Anfrage bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Gemeindepräsident Christoph Bürgin verwies auf Sicherheitschef Gerold Biner, welcher erklärt, dass die medizinische Versorgung mit fünf örtlichen Hausärzten sowie dem zusätzlich stationierten Notarzt der Air Zermatt rund um die Uhr gesichert sei. Für den Patiententransport stehe während 24 Stunden die Bahn nach Täsch zur Verfügung. Somit könnten Patienten innerhalb einer halben Stunde verlegt werden. Gehe gar nichts mehr sei sogar die Verbindung in Richtung Cervinia/I via Bergbahnen und Pistenbullys eine Option.

Peter Abgottspon

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Kommentare

  • Fritzli - 92

    Interessant zu wissen: Dann will der Sicherheitschef einen Patienten mit z.B. geplatztem Blinddarm oder Herzinfarkt mit den Bahnen (fahren wahrscheinlich auch nicht, wenn der Heli nicht fliegen kann) nach Cervinia fahren und dann weiter ins Spital nach Aosta. Glaube bis dort werden die Patienten nicht mehr leben.

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