Behindertensportlerin und ihr Trainer | Schicksalsschlag brachte sie zusammen

US-Behindertensportlerin verliebte sich in Walliser Trainer

Stephani Victor und ihr Ehemann Marcel Kuonen bereiten sich in Saas-Fee auf die nächste Ski-WM vor.
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Stephani Victor und ihr Ehemann Marcel Kuonen bereiten sich in Saas-Fee auf die nächste Ski-WM vor.
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An den letzten paralympischen Spielen in Südkorea fuhr Stephani Victor erstmals für die Schweiz – und nur knapp am Podest vorbei. Die gebürtige Amerikanerin verlor bei einem Unfall beide Beine und heiratete vor 13 Jahren ihren Walliser Trainer Marcel Kuonen.

Wie viele junge Amerikanerinnen träumte Stephani Victor von einer Karriere in Hollywood. Mit Erfolg spielte sie auch kleinere Rollen, war professionelle Tänzerin, arbeitete aber am liebsten hinter der Kamera und schnitt Filme. Doch dann, es war der 19. Dezember 1995, wie sie sich genau erinnert, war von einem Moment auf den nächsten nichts mehr wie noch wenige Sekunden zuvor. «Ich stand in der Einfahrt meiner Garage, als ein Autofahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor. Meine Beine wurden zwischen den Stossstangen seines und meines Autos zerschmettert», erzählt sie. «Um mir das Leben zu retten, mussten mir die Ärzte beide Beine abnehmen.» Insgesamt verbrachte sie nach dem Unfall drei Jahre im Spital, darunter auch mal neun Monate am Stück. Sie musste 14 Operationen über sich ergehen lassen. Dabei wurde ihr klar, dass sie nie wieder vor der ­Kamera würde arbeiten können.

«Das kann jedem passieren»

So etwas könne jedem passieren, ist Stephani Victor heute überzeugt. «Bis heute arbeite ich aber immer noch an der Fähigkeit, Dinge, die sich nicht ändern lassen, zu akzeptieren, Verluste hinzunehmen und auch vergeben zu können», erzählt sie. Eine Hilfe ist ihr dabei der Sport. Tanzen könne sie allerdings nicht mehr, Fussball spielen auch nicht, auch nicht mehr joggen, wie sie das vor dem Unfall häufig getan habe. Aber sie probierte neue Sportarten aus, mal das Surfen, mal das Velofahren – am meisten Zufriedenheit verspürte sie jedoch beim Skifahren, zumal sie dabei gleich zwei Lieben fürs Leben fand. Nämlich auch die Liebe zu ihrem Trainer, dem gebürtigen Walliser Marcel Kuonen, der in den USA mit anderen Behinderten trainierte, und sich auf Sitzski spezialisiert hatte.

Trainer aus dem Wallis

«Ich habe ihr Potenzial sofort erkannt, und habe sie mit dem Ziel, an den Olympischen Spielen 2002 teilzunehmen, gefördert», erinnert sich Marcel Kuonen an die erste gemeinsame Ski-Lektion in Park City (Utah) vor inzwischen 20 Jahren. Tatsächlich holte Stephani Victor bereits 2002 eine Bronzemedaille, dann folgten zweimal Silber und zweimal Gold. Sie siegte an Weltmeisterschaften und gewann fünfmal den Gesamtweltcup. Auch an den letzten paralympischen Spielen in Südkorea nahm sie, inzwischen als 49-jährige, wieder teil. Erstmals startete sie dabei für die Schweiz – schaffte es aber nur noch auf den vierten Rang und fuhr damit knapp am Podest vorbei. Für die Schweiz zu starten war möglich, weil sie und ihr Trainer vor 13 Jahren geheiratet hatten.

Fast alles geht auch mit Rollstuhl

Zurzeit befinden sich die beiden im Wallis und trainieren auf dem Gletscher oberhalb von Saas-Fee. Die beiden sehen die nächsten Rennen noch als eine Ehrenrunde, denn «wir haben schon alles erreicht, was wir wollten», so der Trainer der Sitzskifahrerin. Stephani Victor geht es aber nicht nur um den eigenen Ruhm. «Dadurch, dass ich sogar noch mit fast 50 Jahren aktiv bin, möchte ich andere Behinderte motivieren, ebenfalls sportlich aktiv zu bleiben», betont sie. Gerade nach Schicksalsschlägen sei es wichtig, die Hoffnung nicht aufzugeben und nicht in Frustration zu versinken. Zumal Behinderte genau genommen sogar mehr leisten würden als Gesunde. Tatsächlich könne man selbst mit Rollstuhl praktisch alles tun, das auch Gesunde tun könnten. Zumindest fast alles. Wenn es mal etwas gibt, das sie ohne fremde Hilfe nicht schafft, freut sie sich besonders darüber, wenn ihr jemand, ohne darum gebeten worden zu sein, die Hand reicht. Denn sie sieht sich immer noch als Teil einer Gemeinschaft, die sich «Menschheit» nennt.

Christian Zufferey

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