Zermatt | Zermatter sauer auf Unterwalliser

Weinboykott im Matterhorndorf

In Zermatt wird künftig weniger Wein aus dem Unterwallis eingeschenkt.
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In Zermatt wird künftig weniger Wein aus dem Unterwallis eingeschenkt.
Foto: Barbara Seiler

Quelle: RZ 15

Wegen einer ­Abstimmung im Walliser Grossen Rat, wollen Zermatter Wirte künftig keine Weine mehr aus dem Unterwallis einkaufen. Hier ist man konsterniert.

In der Zermatter Gastrobranche brodelt es heftig. «Wenn man uns wirtschaftlich schaden will, so fangen wir halt auch damit an. Es gibt noch genug andere Händler», klagt ein Wirt, welcher namentlich nicht erwähnt werden möchte. Mit dieser Haltung ist er nicht alleine. So finden derzeit intensive Gespräche unter den Zermatter Wirten statt, welche momentan ihre Wein­karten für die kommende Wintersaison gestalten. Demnach ist zu vernehmen, dass auf mehreren Karten Weine von Unterwalliser Produzenten nur noch spärlich oder gar nicht mehr zu finden sein werden. Wie die RZ weiss, ist auch ein renommiertes Restaurant darunter. Was ist passiert?

Abgelehnte Motion

Die Antwort ist im Grossen Rat zu finden. Hier wurde an der jüngsten Session­ über eine Motion abgestimmt, welche das politische Dauerthema Strasse Täsch–Zermatt betraf. Inhaltlich verlangten die Motionäre, dass sämtliche Einnahmen aus den Bewilligungen für die Benützung der Strasse, zwingend und ausschliesslich für den Ausbau und die Instandhaltung sowie die Gewährleistung der Sicherheit des besagten Strassenabschnitts aufzuwenden seien. Die Motion wurde abgelehnt. Wie es nun heisst, ärgern sich die Wirte vor allem darüber, dass das Begehren fast einstimmig von sämtlichen Unterwalliser Abgeordneten abgelehnt wurde. Und tatsächlich. Ein Blick auf das Abstimmungsprotokoll zeigt: Als einzige Welsche stimmten die SVP-Vertreter zu. Aus dem Oberwallis gab es parteiübergreifend fast ausschliesslich ein Ja. Einzige Ausnahme bildete die Linksallianz. Die Zermatter Wirte wollen das offenbar nicht auf sich sitzen lassen und stellen dabei wirtschaftliche Bedenken in den Vordergrund. «Sie sind gegen eine sichere und den heutigen Standards angepasste Strassenverbindung. Aber ihre Produkte wollen sie uns trotzdem verkaufen», poltert ein Wirt. Dass die Strasse für den touristischen Erhalt und die Weiterentwicklung der ganzen Region überlebenswichtig sei, werde im Unterwallis offenbar nicht anerkannt. Nebst besagter Motion wurde im Parlament gleichentags ein weiteres Begehren behandelt, welches in die gleiche Richtung zielte. Auch dieses erhielt fast ausnahmslos keine Unterwalliser Unterstützung.

«Bedauerliche Situation»

Einer der Betroffenen des Boykotts ist mutmasslich auch Jean-René Germanier, welcher seit Jahren Zermatt beliefert. Der Weinproduzent und alt Nationalrat hat von den Absichten Kenntnis: «Ich bedauere das sehr, insbesondere weil Zermatt touristisch wichtig ist und über eine ausgezeichnete Reputation verfügt. Unser Ziel ist jedoch, dass wir immer ausgezeichnete und echte Walliser Weine für einen echten Walliser Ort wie Zermatt herstellen dürfen, damit die Kunden stets zufrieden sind.» Der Direktor des Branchenverbands der Walliser Weine, Gérard-Philippe Mabillard hingegen, erfuhr davon erst durch den Anruf der RZ. Mabillard konsterniert: «Das ist doch absolut unmöglich. Das wäre ein riesiger Fehler. Verrückt so etwas. Für mich gibt es kein Unter- oder Oberwallis, sondern nur ein Wallis.» Mehr könne er vorerst nicht dazu sagen. Bis dato basiert die Zermatter Absicht erst auf privater Initiative. Von offizieller Stelle, sprich beispielsweise vom örtlichen Hotelierverein, gibt es dazu keine Stellungnahme. Auf Anfrage heisst es, dass das Thema zurzeit nicht auf der Agenda stehe.

Peter Abgottspon

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Kommentare

  • Eduard Biner - 2516

    Warum lehnen die Unterwalliser-Politiker fast geschlossen ein, wohl sehr berechtigtes Anliegen ab?? Nur weil es aus dem Oberwallis kommt??!!

  • lynx - 2620

    Wenn man während den letzten Monaten einigermassen die Presse verfolgt hat, so komme ich mich hier im Oberwallis vor wie im "grössten Kindergarten", noch besser wie im "grössten Hühnerstall"…
    Die einen hacken aus "Futterneid", andere wegen verlorenen Grossratsitzen, "Fähigkeiten für ein Amt", Wolf, Arbeiten an der A9, Gefahrengütertransporten, etc. aufeinander herum. Doch zu einem konstruktiven Dialog ist offenbar niemand bereit.
    Ich frage mich langsam, wo ich hier bin – in einem "Schildbürgerstaat" ???
    Das Beste wäre einfach, ihr strebt eine "eigenständige Alpenrepublik Oberwallis" an. Dann könnt ihr eure eigenen Gesetze aufstellen und seid erst noch unabhängig….
    Quo vadis Oberwallis ????.....

  • martin - 254

    Der grosse Wissenshorizont des Menschen verunmöglichen die einfachsten Dinge zu Bewerkstelligen, Heut zu Tage wird eindeutig viel zu viel Geredet und keiner ist Fähig die schönen Worte in Taten umzusetzen..

  • Diego - 296

    Auf rro.ch hat sich keiner geschämt etwas zu sagen. ein hotelier und der präsi vom
    hotelierverein haben alle auskunft gegeben. wieso schreibt die RZ "keine Stellungnahme" und ein Wirt der nicht genannt werden möchte?hä?

  • Peter - 1937

    Wir haben im Oberwallis auch gute Weine z.B. Visperterminen.Wie lange warten wir noch um uns zu verabschieden?

  • Baer - 4417

    Vielleicht müssten die Oberwalliser als Minderheit im Kanton lernen, dass man für seine Anliegen bei der Mehrheit Lobbying (früher sagte man dem anschaulicher Klinlenputzen) betreiben müssen.
    Da muss halt jeder einzelne Parlamentarier von den eigenen Ansichten, für die eine Mehrheit gesucht wird, überzeugt werden. Da müsste man halt auch etwas in Französisch parlieren können (Neudeutsch: Small talk).
    Wer glaubt, man könne mit Drohungen und Erpressungen eine Mehrheit anhaltend für seine Sache zu gewinnen, kann nur verlieren.

    • Baer - 125

      KLINKENPUTZEN sollte es heissen ;-).
      Entschuldigung

    • petschi - 377

      Wenn man auf canal9 die Grossrats Sitzungen verfolgt macht man sich ein Bild über die Leistungen unserer Oberwalliser Parlamentarier . Eine gewisse Zahl weiss bestimmt nicht was sie da zu tun haben.

  • Paul Moser - 5416

    Was können denn die Weinproduzenten aus dem Unterwallis dafür, dass im Rat so abgestimmt wurde? Dieser Boykott ist Kindergarten pur, also bitte.

  • Stefan - 3360

    Da wir im Wallis nichts mehr zu sagen haben, wird es langsam Zeit sich vom Unterwallis abzunabeln. Halbkanton Oberwallis ?

    • Guipago - 1728

      Bin auch für Abnabelung - wird Zeit sich als Ganzkanton der Deutschschweiz zu zuwenden.
      Adieu Wälschi ....

    • petschi - 3016

      Und sie sehen sich als Präsident des Kantons Oberwallis!!!Das wäre genau so lächerlich wie ihr Kommentar.

    • Eduard Biner - 2032

      Wenn schon, dann nicht Halbkanton sondern "Ganzkanton". Schliesslich wurde der Kt. Jura auch als ganzer Kanton anerkannt, als er sich vom Kt. Bern abgenabelt hat. Das Oberwallis wäre damit nicht einmal der kleinste Kanton.

    • martin - 3418

      Stefan " welch ein Schwachsinn Sie da abgeben, alle reden von Globalisierung und Sie wollen sich vom eigenen Volk abnabeln..

  • Wenger - 399

    Die Unterwalliser SVP hat zugestimmt, weil man sich um deren Stimmen bemüht hat. Frau Kündig Stössel welche für die FDP im Zermatter Gemeinderat sitzt, hat es wohl nicht für nötig gehalten diese Motion zu unterstützen! Sowie die anderen C-Parteien. Der letzthin publizierte Artikel auf rro.ch, legt nahe, dass sich der Präsident des Hoteliervereins von dieser Strategie distanziert. Sein Bruder (im selben Betrieb) hingegen begrüsst dieses vorgehen. Eine klare Position des HVZ würde nicht schaden!

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